Bestimmt kennen Sie Redewendungen wie „Morgenstund hat Gold im Mund.“ oder „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“. Sie vermitteln eine positive Bewertung des frühen Aufstehens. Langes Schlafen hingegen genießt weniger Anerkennung.
Doch ist diese Einschätzung begründet? Kann sich jeder ganz einfach an frühes Aufstehen gewöhnen? Hat langes Schlafen etwas mit fehlendem Ehrgeiz oder Bequemlichkeit zu tun?
Nein, die verschiedenen Chronotypen sind die Ursache dafür, dass für manche Menschen das frühe und für andere das späte Aufstehen Grundlage für Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden sind.
Was sind Chronotypen?
Die Chronobiologie untersucht, wie sich bei Menschen und anderen Säugetieren bestimmte physische Merkmale aufgrund der inneren biologischen Uhr im Tageslauf verändern. Festgestellt wurden deutliche Unterschiede im Schlaf-Wach-Rhythmus. Während die einen am Morgen putzmunter und voller Energie sind, erreichen andere erst am Nachmittag ihre volle Leistungsfähigkeit.
Die verschiedenen Ausprägungen des Schlafverhaltens wurden in drei Chronotypen zusammengefasst:
- der Morgentyp, die Lerche
- der Abendtyp, die Eule
- der Mischtyp
Am Morgen schon hellwach – die Lerchen
Zu den Lerchen gehören die typischen Frühaufsteher, die ohne Wecker bereits früh am Morgen wach werden. Sie stehen gewöhnlich ohne Probleme auf und können munter in den Tag starten. Die Morgentypen sind morgens fit und leistungsfähig. Am Nachmittag setzt bei ihnen die Müdigkeit ein. Am liebsten gehen Lerchen früh ins Bett. Die optimale Schlafzeit liegt bei den Lerchen zwischen 21 und 7 Uhr.
Am Abend noch leistungsstark – die Eulen
Ganz im Gegensatz zu den Lerchen sind Menschen, die zum Abendtyp gehören, eher Morgenmuffel. Erst am späten Nachmittag oder am Abend erreichen sie ihr Leistungshoch. Wenn andere längst müde werden, sind sie noch voller Kraft. Die optimale Schlafzeit liegt bei den Eulen zwischen 1 und 12 Uhr.
Von jedem ein bisschen – der Mischtyp
Die meisten Menschen gehören zum sogenannten Mischtyp. Sie werden weder besonders früh wach, noch laufen sie erst sehr spät zu Hochtouren auf. Sie besitzen nur leichte Ausprägungen der Eigenschaften der Eulen oder Lerchen.
Die optimale Schlafzeit liegt beim Mischtyp zwischen 0 und 8 Uhr.
Kurz- und Langschläfer
Neben den Chronotypen werden auch sogenannte Schlaftypen unterschieden, die Kurz- und die Langschläfer. Die Annahme, dass Eulen grundsätzlich zu den Langschläfern zählen, ist falsch. Der Chronotyp entscheidet nur darüber, zu welcher Zeit man am besten einschlafen kann und wann man munter wird.
Die Schlaftypen hingegen geben Auskunft darüber, welche Schlafdauer erforderlich ist, um sich optimal zu erholen. Kurzschläfer benötigen nur fünf bis sechs Stunden, um erholt aufzuwachen. Langschläfer brauchen nachts acht bis zehn Stunden Schlaf.
Mediziner empfehlen gewöhnlich eine Schlafdauer von sieben bis acht Stunden.
Welche Faktoren beeinflussen den Chronotyp?
Zu welchem Chronotyp ein Mensch gehört, unterliegt verschiedenen Einflüssen. Zum einen sind es genetische Faktoren, die darüber entscheiden, ob man eher eine Lerche oder eine Eulen ist. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten Unterschiede in den Genen der Morgen- und Abendtypen nachweisen.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist das Alter, denn der Chronotyp ändert sich im Lauf des Lebens. Während kleine Kinder bereits früh wach sind und den Tag als echte Lerchen voller Elan beginnen, kommen Jugendliche morgens kaum aus dem Bett. Mit zunehmendem Alter verschiebt sich der Chronotyp erneut. Ältere Menschen stehen im Allgemeinen wieder früher auf und gehen eher ins Bett.
Wie schnell man einschlafen kann und wie erholt man am Morgen aufwacht, wird durch die innere Uhr bestimmt. Diese folgt grundsätzlich dem 24-Stunden-Rhythmus und beeinflusst wichtige Körperfunktionen wie den Stoffwechsel, die Herzfrequenz und den Blutdruck. Die innere Uhr orientiert sich am Wechsel von Licht und Dunkelheit, der über den Sehnerv wahrgenommen wird. Die Informationen werden zum Hypothalamus weitergeleitet. Dort wird die Bildung der Hormone reguliert, die unseren Schlaf-Wach-Verhalten beeinflussen. Die bekanntesten sind das Stresshormon Cortisol und das Schlafhormon Melatonin.
Wie erkennt man, zu welchem Chronotyp man gehört?
Für das Wohlbefinden kann es entscheidend sein, das eigene Schlafbedürfnis zu kennen. Am besten gelingt der Test während des Urlaubs. Verbannen Sie in dieser Zeit Ihren Wecker und schalten Sie Ihr Handy abends aus. Sorgen Sie dafür, dass Sie sich so wenig wie möglich künstlichem Licht aussetzen.
Gehen Sie dann ins Bett, wenn Sie müde werden, und schlafen Sie so lange, bis Sie von allein aufwachen. Nach etwa einer Woche werden Sie Ihr individuelles Schlafbedürfnis erkennen.
Kann man den Chronotyp verändern?
Ein Leben entgegen der inneren Uhr hat Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden. Auch wenn die moderne Arbeitswelt dies häufig erfordert, passt sich der Chronotyp nicht automatisch an die äußeren Bedingungen an. Seit Jahren empfehlen Forscher daher, den Unterricht in der Schule später zu beginnen und die Arbeitszeiten möglichst flexibel zu gestalten.
Tipps für einen gesunden Schlaf
Schlaf ist lebenswichtig. Im Schlaf entspannt und erholt sich der Körper. Nur wer morgens erholt aufwacht, hat ausreichend geschlafen. Auch wenn Sie Ihr individuelles Schlafbedürfnis nicht verändern können, liegt es in Ihrer Hand, Bedingungen für einen guten Schlaf zu schaffen:
1. Ausreichend Bewegung
Vor allem Menschen, die im Büro arbeiten, sollten Zeiten für Bewegung in den Alltag einbauen. Zu wenig Bewegung kann ein Grund für Schlafstörungen sein. Verbringen Sie Ihre Mittagspause am besten im Freien. Auch ein Abendspaziergang kann das Einschlafen erleichtern.
2. Gesunde Ernährung
Essen Sie am Abend etwas Leichtes. Deftige Mahlzeiten erschweren das Einschlafen. Verzichten Sie mindestens vier Stunden vor dem Zubettgehen auf koffeinhaltige Getränke. Auch Alkohol am Abend kann die Tiefschlafphasen verkürzen und die Schlafqualität verringern.
3. Entspannende Rituale
Feste Rituale helfen, abends die notwendige Ruhe zu finden. Ein heißes Bad, ruhige Musik oder eine Meditation sorgen für Entspannung am Abend. Das Einschlafen gelingt besser, wenn Sie im Schlafzimmer auf Smartphone, Tablet und Co. verzichten.
4. Schlafzimmer optimal gestalten
Nutzen Sie Ihr Schlafzimmer zum Schlafen, nicht zum Fernsehen, Essen oder Arbeiten. Eine hochwertige Matratze, ein angepasstes Kopfkissen und die wärmende, atmungsaktive Bettdecke können die Schlafqualität erhöhen. Lassen Sie sich bei der Auswahl professionell beraten. Sorgen Sie für ein gutes Raumklima. In gut gelüfteten Räumen schläft man besser. Empfohlen wird eine Raumtemperatur von etwa 18 Grad Celsius. Ruhe ist entscheidend für einen gesunden Schlaf. Verwenden Sie bei Bedarf Ohrstöpsel.
Ein Leben im Einklang mit der inneren Uhr ist die Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden eines Menschen. Mit Hilfe der verschiedenen Chronotypen wird es einfacher, eigene Schlaf-Wach-Muster zu verstehen und die Schlafgewohnheiten an die Bedürfnisse anzupassen.